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Kabinettstück September 2019

Kein »Fuhrmannsbesteck«

Bis in das beginnende 20. Jahrhundert hinein war es durchaus üblich, auf Reisen oder beim Besuch eines Wirtshauses das eigene Besteck mitzubringen. Diese Gegenstände waren gleichzeitig Gebrauchs- und Schmuckobjekte. Manche der erhaltenen Bestecke bestehen nur aus Messer und Gabel, andere haben sogar Werkzeuge wie zum Beispiel Ahlen oder eine zweite Gabel integriert. Die Griffe sind oft kunstvoll aus Perlmutt, Horn, Bein, Holz, Metallmontierungen und anderen Materialien gefertigt.
Das einzelne Messer, das heute meist in der Seitentasche der Lederhosen getragen wird, hat die mehrteiligen Bestecke weitgehend abgelöst. Es wird meist »Stilett« oder »Stilettl« genannt und ähnelt eher den jagdlichen Messern.
Im Antiquitätenhandel und auf Online-Portalen werden historische, neu gemachte und willkürlich zusammengestellte Bestecke häufig unter der falschen Bezeichnung »Fuhrmannsbesteck« angeboten. Tatsächlich benötigte der Fuhrmann vor allem ein einfaches Messer, denn damit schnitt er im Notfall die Zugstränge durch. Ein echtes »Fuhrmannsbesteck« gab es zu keiner Zeit. (AKW)


Abbildung:
Besteck: Messer, Gabel, Wetzstahl (Streicher), Stahl, Perlmutter, Metalllegierung; Futteral
Bayern, zweites Viertel 19. Jahrhundert
Sammlung Bezirk Oberbayern | Zentrum für Trachtengewand

Ka·bi·nett·stück
Substantiv [das]

1. sehr geschicktes, erfolgreiches Handeln
2. besonders schöner, wertvoller Gegenstand

Das sogenannte Kabinettstück kann entweder ein ungewöhnlich geschicktes und erfolgreiches Handeln sein oder ein besonders schöner und wertvoller Gegenstand. Die zweite Definition trifft auf abertausende Exponate aus den Sammlungen des Zentrums für Trachtengewand zu. Ob Kleidungsstücke, Accessoires, Fotografien, Grafiken oder Bücher – in Benediktbeuern besitzt der Bezirk Oberbayern einen Schatz aus über drei Jahrhunderten. Um einen Einblick in die reichen Bestände zu geben, stellen wir jeden Monat ein Kabinettstück vor. Dabei können Materialien, die Seltenheit, das Muster oder die Geschichte hinter den Originalstücken im Vordergrund stehen.

Die Digitalisierung und Veröffentlichung unserer Sammlungen im Netz ist eine groß angelegte Arbeit, die noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Einen Vorgeschmack auf dieses Zukunftsprojekt bietet das monatlich präsentierte Kabinettstück.

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