109 Kaurischnecken und ein dicker Knoten
Wir sammeln Accessoires aus anderen Kontinenten nur dann, wenn sich auffällige Bezüge zu anderen Objekten in unserer Sammlung erkennen lassen. Gürtel mit applizierten Kaurischnecken gibt es offenbar sowohl in Bayern wie in Afrika. Über die möglichen Bedeutungsebenen dieser Gehäuse als Anhänger oder Zierelement wurde schon viel geschrieben – unter anderem zum Kabinettstück im Juli. Dabei fällt auf: Eine Kaurischnecke kommt selten allein! Sie ist in der Regel Teil einer Inszenierung: als Anhänger an einem Beutel, einem Miedergeschnür, oder aufgenäht auf einem Gürtel. Manches Mal stehen mehrere Gestaltungselemente in einem Konnex. Das liegt auch bei diesem Gürtel nahe, wenn wir begreifen, was insbesondere der Frauengürtel seit Jahrtausenden bedeuten kann: Er ist das äußere Zeichen für ein »geschützt sein« und erst das Lösen bedeutet, sich offen und schutzlos zu zeigen. Der auffällige Zierknoten, der wohl vorne mittig über(halb) der Vulva getragen wurde, betont diese Vorstellung und bietet eine Vielzahl an Assoziationsfeldern. Mehr zu diesem Thema steht im »Buch der Gürtel« geschrieben… (AKW)
Abbildung:
Gürtel, Kaurischnecken, Glasperlen, pflanzliches und Baumwollgewebe, Faden; Kongo (?)
Fotografie Dirk Tacke
Sammlung Bezirk Oberbayern | Zentrum für Trachtengewand
Substantiv [das]
1. sehr geschicktes, erfolgreiches Handeln
2. besonders schöner, wertvoller Gegenstand
Das sogenannte »Kabinettstück« kann entweder ein ungewöhnlich geschicktes und erfolgreiches Handeln sein oder ein besonders schöner und wertvoller Gegenstand. Die zweite Definition trifft auf abertausende Exponate aus den Sammlungen des Zentrums für Trachtengewand zu. Ob Kleidungsstücke, Accessoires, Fotografien, Grafiken oder Bücher – in Benediktbeuern besitzt der Bezirk Oberbayern einen Schatz aus über drei Jahrhunderten. Um einen Einblick in die reichen Bestände zu geben, stellen wir jeden Monat ein Kabinettstück vor. Dabei können Materialien, die Seltenheit, das Muster oder die Geschichte hinter den Originalstücken im Vordergrund stehen.
Die Digitalisierung und die Veröffentlichung der Sammlungen des Zentrums für Trachtengewand im Netz ist eine groß angelegte Arbeit, die sich noch über viele Jahre erstrecken wird. Einen Vorgeschmack auf dieses Zukunftsprojekt bietet unser monatlich erscheinendes Kabinettstück.