Sprungziele
Inhalt
Kabinettstück Mai 2023

Technische Raffinesse 

Bei dem roten Hintergrund des Tuches handelt es sich um einen Seidendamast. Hierbei entsteht das zarte und fast schon unauffällige Blumenmuster durch den Wechsel von Kett- und Schussfäden beim Webvorgang. (Der Schussfaden wird abwechselnd über und unter dem Kettfaden geführt. Dadurch ergibt sich ein Gewebe.) Somit ergibt sich auf der Rückseite das gleiche Bild mit glänzenden Blumen auf mattem Grund.

Der Blumenrahmen des Tuches hingegen ist lanciert. Der Musterfaden wird hierbei über die gesamte Breite bzw. Länge geführt und lässt so auf der Vorderseite das Muster erkennen. Bilden die Fäden auf der Vorderseite kein Muster, werden diese auf der Rückseite mitgeführt und liegen frei oder werden zur Fixierung in den Seidendamast eingebunden.

Die goldene Rose in der Ecke des Tuches ist in einer ähnlichen Technik gearbeitet. Der Musterschussfaden geht hier jedoch nicht über die gesamte Webbreite, sondern ist lediglich auf das Muster beschränkt, sodass die goldenen Metallfäden nicht für den Betrachtenden unsichtbar auf der Rückseite liegen. Diese Technik nennt sich Broschieren. Von vorne entsteht dadurch der Eindruck, dass die Rose aufgestickt ist. (LSR)


Abbildung:
Tuch, um 1880, Oberbayern, Seide, Goldfäden
Fotografie Dirk Tacke
Sammlung Bezirk Oberbayern | Zentrum für Trachtengewand

Ka·bi·nett·stück
Substantiv [das]

1. sehr geschicktes, erfolgreiches Handeln
2. besonders schöner, wertvoller Gegenstand

Das sogenannte Kabinettstück kann entweder ein ungewöhnlich geschicktes und erfolgreiches Handeln sein oder ein besonders schöner und wertvoller Gegenstand. Die zweite Definition trifft auf abertausende Exponate aus den Sammlungen des Zentrums für Trachtengewand. Ob Kleidungsstücke, Accessoires, Fotografien, Grafiken oder Bücher – in Benediktbeuern besitzt der Bezirk Oberbayern einen Schatz aus über drei Jahrhunderten. Um einen Einblick in die reichen Bestände zu geben, stellen wir jeden Monat ein Kabinettstück vor. Dabei können Materialien, die Seltenheit, das Muster oder die Geschichte hinter den Originalstücken im Vordergrund stehen.

Die Digitalisierung und die Veröffentlichung der Sammlungen des Zentrums für Trachtengewand im Netz ist eine groß angelegte Arbeit, die sich noch über viele Jahre erstrecken wird. Einen Vorgeschmack auf dieses Zukunftsprojekt bietet unser monatlich erscheinendes Kabinettstück.
nach oben