Die »Blaue Periode«
In dieser Lithografie von 1830 präsentiert Lipowsky eindrucksvoll die »Blaue Periode« der Rottaler Tracht, wie sie sich laut Franz Lipp vor allem zwischen 1780 und 1830 manifestierte. Die Frauen tragen eine blaue kurze Jacke, einen sogenannten »Ärmelspenzer«, mit wattierten Armen und hellblauer Einfassung zu einem schwarzen Tragmiederrock aus Tuch mit Hüftplissee. Darüber liegt eine blaue Leinenschürzen mit grünen Schürzenbändern. Darunter zeigen sich ein weißes Hemd mit Stehkragen und ein weißer Leinenunterrock. Das ebenfalls blaue Kopftuch wird im Nacken gebunden. Bei der linken Bäuerin ist außerdem ein Gürtel mit silbernen Details zu erkennen. Sowohl die beiden Bäuerinnen als auch der Bauer in der Bildmitte haben hellblaubestrumpfte Beine, die in schwarzen Halbschuhen stecken. Der Bauer trägt dazu eine Kniebundhose, blaue Hosenträger und einen blauen, grüngesäumten Rock mit Metallknöpfen. Ein schwarzer Hut und ein schwarzes Halstuch bilden den Abschluss.
Solche Details erzählen von ästhetischen Vorlieben und bieten Einblicke in die gesellschaftliche und kulturelle Geschichte der Zeit. Die »Blaue Periode« in der Rottaler Tracht illustriert somit nicht nur die Modepräferenzen, sondern auch die kulturellen Strömungen und Entwicklungen dieser Zeit. (LSR)
Abbildung:
Felix Joseph von Lipowsky, »Roththaler Bauer & Bäuerinnen. Paysan & Paysannes de Roththal«. Altkolorierte Lithografie, um 1830, aus: Sammlung Bayerischer National-Costume von Felix Joseph von Lipowsky, gedruckt bei I.M. Hermann, München.
Sammlung Bezirk Oberbayern | Zentrum für Trachtengewand
Ka·bi·nett·stück
Substantiv [das]
1. sehr geschicktes, erfolgreiches Handeln
2. besonders schöner, wertvoller Gegenstand
Das sogenannte Kabinettstück kann entweder ein ungewöhnlich geschicktes und erfolgreiches Handeln sein oder ein besonders schöner und wertvoller Gegenstand. Die zweite Definition trifft auf abertausende Exponate aus den Sammlungen des Zentrums für Trachtengewand zu. Ob Kleidungsstücke, Accessoires, Fotografien, Grafiken oder Bücher – in Benediktbeuern besitzt der Bezirk Oberbayern einen Schatz aus über drei Jahrhunderten. Um einen Einblick in die reichen Bestände zu geben, stellen wir jeden Monat ein Kabinettstück vor. Dabei können Materialien, die Seltenheit, das Muster oder die Geschichte hinter den Originalstücken im Vordergrund stehen.
Die Digitalisierung und die Veröffentlichung der Sammlungen des Zentrums für Trachtengewand im Netz ist eine groß angelegte Arbeit, die sich noch über viele Jahre erstrecken wird. Einen Vorgeschmack auf dieses Zukunftsprojekt bietet unser monatlich erscheinendes Kabinettstück.