Osmanische Männerjacke (Vorderansicht)
Nachdem die Rückansicht dieser tomatenroten osmanischen Männerjacke unser Kabinettstück im April war, sei nun ihre Vorderseite kommentiert.
Der Ursprung vieler uns hierzulande bekannter Zierelemente liegt im Orient. Im Abendland wurde enorm von der Phantasie des Morgenlands profitiert. Eine Besonderheit der islamischen Kunst ist dabei, dass vor allem ornamentale und kalligraphische Dekors entwickelt wurden. Die bildliche Darstellung ist im Unterschied zu christlichen geprägten Gesellschaften weit weniger ausgebildet.
Der osmanische Kulturkreis stand auch mit dem nordindischen Raum über lange Zeit in fruchtbarem Austausch. Aus dieser multikulturellen Verbindung entstanden zahlreiche stilistische Vorbilder für die europäische Mode. Bemerkenswerterweise finden sich diese Ornamente in der bayerischen Mode und Tracht wieder.
Einander fremde Kulturen treffen aufeinander und inspirieren sich. Eine tief empfundene religiös-ideologische Konfrontation steht über Jahrhunderte gleichzeitig einem lebendigen Zusammenleben gegenüber. Das gilt bis heute, die Mode zeigt uns das sehr eindrücklich. (AKW)
Abbildung:
Jacke, Tuch, Posamenten
Osmanisches Reich, zweite Hälfte 19. Jahrhundert
Sammlung BBezirk Oberbayern | Zentrum für Trachtengewand
Foto: Dirk Tacke
Ka·bi·nett·stück
Substantiv [das]
1. sehr geschicktes, erfolgreiches Handeln
2. besonders schöner, wertvoller Gegenstand
Das sogenannte Kabinettstück kann entweder ein ungewöhnlich geschicktes und erfolgreiches Handeln sein oder ein besonders schöner und wertvoller Gegenstand. Die zweite Definition trifft auf abertausende Exponate aus den Sammlungen des Zentrums für Trachtengewand zu. Ob Kleidungsstücke, Accessoires, Fotografien, Grafiken oder Bücher – in Benediktbeuern besitzt der Bezirk Oberbayern einen Schatz aus über drei Jahrhunderten. Um einen Einblick in die reichen Bestände zu geben, stellen wir jeden Monat ein Kabinettstück vor. Dabei können Materialien, die Seltenheit, das Muster oder die Geschichte hinter den Originalstücken im Vordergrund stehen.
Die Digitalisierung und Veröffentlichung unserer Sammlungen im Netz ist eine groß angelegte Arbeit, die noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Einen Vorgeschmack auf dieses Zukunftsprojekt bietet das monatlich präsentierte Kabinettstück.