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Kabinettstück Juli 2022

Schneckerl am Mieder

Eine Knopfschachtel ist eine Art Wunderkammer, in die Knöpfe wandern und manch anderes Kleinzeug, das eigentlich nicht mehr gebraucht wird und doch des Aufhebens wert scheint. So sammelten sich in einer kleinen blechernen Schachtel aus dem Chiemgau neben Knöpfen auch etwas kurios anmutende Gegenstände wie Goldzähne oder Projektile aus dem Zweiten Weltkrieg. Mittendrin lagen zwei Anhänger aus kleinen, sogenannten Kaurimuscheln. Biologisch betrachtet handelt es sich eigentlich um die leeren Häuser von Meeresschnecken (Cypraeidae), die ursprünglich sogar Zahlungsmittel sein konnten. Als Schmuck waren und sind sie ebenfalls beliebt, wobei den kleinen Schneckenhäusern oft eine tiefere Bedeutung als Amulett zukommt. Sie finden sich auf Metzgergürtel genäht, als Anhänger von Tabakbeuteln, und nicht zuletzt als Teil von Miedergeschnüren – dann allerdings mit eindeutiger erotischer Botschaft. Welche Rolle die beiden Kauris aus unserer Sammlung einmal spielten, ist ihrer Phantasie überlassen… (AKW)

Abbildung:
Amulettanhänger, Kaurischnecken (gewalzte und rundgebogene Öse aus Messing; silberner Sprengring), Chiemgau; 19. Jahrhundert, 1. Hälfte 20. Jahrhundert
Fotografie Dirk Tacke
Sammlung Bezirk Oberbayern | Zentrum für Trachtengewand

Ka·bi·nett·stück
Substantiv [das]

1. sehr geschicktes, erfolgreiches Handeln
2. besonders schöner, wertvoller Gegenstand

Das sogenannte »Kabinettstück« kann entweder ein ungewöhnlich geschicktes und erfolgreiches Handeln sein oder ein besonders schöner und wertvoller Gegenstand. Die zweite Definition trifft auf abertausende Exponate aus den Sammlungen des Zentrums für Trachtengewand zu. Ob Kleidungsstücke, Accessoires, Fotografien, Grafiken oder Bücher – in Benediktbeuern besitzt der Bezirk Oberbayern einen Schatz aus über drei Jahrhunderten. Um einen Einblick in die reichen Bestände zu geben, stellen wir jeden Monat ein Kabinettstück vor. Dabei können Materialien, die Seltenheit, das Muster oder die Geschichte hinter den Originalstücken im Vordergrund stehen.

Die Digitalisierung und die Veröffentlichung der Sammlungen des Zentrums für Trachtengewand im Netz ist eine groß angelegte Arbeit, die sich noch über viele Jahre erstrecken wird. Einen Vorgeschmack auf dieses Zukunftsprojekt bietet unser monatlich erscheinendes Kabinettstück.
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